Kündigung durch den Arbeitnehmer
Die Kündigung durch den Arbeitnehmer, die im deutschen Arbeitsrecht als unproblematisch gelten kann, wird in Italien durch strenge Formvorschriften geregelt. Ein einfach unterzeichnetes Schreiben ist nicht ausreichend. Es soll vermieden werden, dass der Arbeitgeber blanko unterzeichnete Kündigungserklärungen, die er als Bedingung für die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages eingeholt hat, hortet und zum geeigneten Zeitpunkt herausholt und nachdatiert;
die Kündigung muss daher ein „sicheres Datum“ ausweisen.
Das ist nur gewährleistet, wenn die Kündigung in einem Gewerkschaftshaus in Anwesenheit eines Gewerkschaftssekretärs unterzeichnet wird oder online auf einer Plattform der Arbeitsverwaltung.
Für den deutschen Arbeitgeber ist daher Vorsicht geboten, wenn eine Eigenkündigung oder auch ein Aufhebungsvertrag ohne weitere Form schriftlich unterzeichnet werden. Das Risiko, dass diese zunächst nicht bindend sind, ist stets zu berücksichtigen.
Kündigung durch den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis ordentlich oder außerordentlich und damit fristlos kündigen. Eine außerordentliche Kündigung ist bei einem wichtigen Grund zulässig, beispielsweise einer Straftat.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf eine ordentliche Kündigung:
Probezeit
Auch im italienischen Arbeitsrecht kann ein Arbeitnehmer ohne weitere Begründung in der Probezeit entlassen werden. Eine Besonderheit zum deutschen Recht ergibt sich aber daraus, dass auf eine vereinbarte Probezeit nicht verzichtet werden kann. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer eine Probephase zugesichert und hat dieses Versprechen auch einzuhalten. Eine Kündigung vor Aufnahme des Arbeitsverhältnisses, wie sie in Deutschland nicht unüblich ist, wäre in Italien riskant, weil sie dem Arbeitgeber Schadensersatzansprüche aussetzen würde. Der Arbeitnehmer kann dann zu Recht vortragen, ihm sei die Chance, sich zu erproben, genommen worden.
Kündigung in Kleinbetrieben
Kleinbetriebe gelten in Italien aus arbeitsrechtlicher Sicht als Betriebe mit weniger als 15 Arbeitnehmer in Vollzeit-Einstellung. Gekündigte Arbeitnehmer haben in Kleinbetrieben in der Regel keinen Weiterbeschäftigungsanspruch. Bei nicht gerechtfertigten Kündigungen (siehe unten) haben sie einen Anspruch auf Abfindung, der sich aus den in Italien praktisch allgemeingültigen Kollektivverträgen ergibt.
Verhaltensbedingte und betriebsbedingte Gründe
Der Arbeitgeber kann aus verhaltensbedingten (motivi soggettivi) und aus betriebsbedingten Gründen (motivi oggettivi) das Arbeitsverhältnis kündigen. Bei verhaltensbedingten Gründen muss er ein im Detail geregeltes Disziplinarverfahren beachten, allein der Verstoß gegen eine Formvorschrift kann die Kündigung unwirksam werden lassen. Bei betriebsbedingten Gründen muss er die betriebliche Erforderlichkeit der Kündigung darlegen, beispielsweise aus Auftragsrückgängen oder im Zuge einer Restrukturierung.
Krankheitsbedingte Kündigung
Grundsätzlich ist in Italien die Zustellung einer Kündigung während der Krankheit des Arbeitnehmers nicht zulässig. Dafür ist eine Kündigung nach Überschreiten einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeitsdauer („periodo di comporto“) ohne weiteres zulässig. Die Zeiträume sind in den jeweils anzuwendenden Kollektivverträgen vereinbart.
Nichtige Kündigung
Auch nach italienischem Arbeitsrecht kann eine Kündigung keine Rechte und Wirkungen auslösen, wenn sie von Anfang an nichtig ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn sie mündlich ausgesprochen wurde oder wenn sie offensichtlich gegen die guten Sitten verstößt, d.h. wenn sie eindeutig diskriminierend ist.
Kündigungsfristen
Die Kündigungsfristen werden in der Regel von den Kollektivverträgen ccnl bestimmt. Sie verlängern sich auch in Italien je nach Betriebszugehörigkeit. Anders als in Deutschland ist es in Italien zulässig, die Kündigungsfrist durch eine Entschädigungszahlung abzugelten. Der Arbeitgeber kann damit das Arbeitsverhältnis sofort beenden, muss aber dem Arbeitnehmer die entsprechenden Lohnzahlungen, die bis zum Ablauf der Kündigungsfrist angefallen wären, in einer Summe auszahlen.
Abfindungen und Entschädigungszahlungen – TFR
Jedem italienischen Arbeitnehmer steht nach Gesetz am Ende des Arbeitsverhältnisses die Auszahlung einer Summe zu, die der Arbeitgeber für ihn angespart haben muss. Sie entspricht in etwa einem Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr und kann nach Wahl des Arbeitnehmers bis zum Ende des Arbeitsvertrages entweder im Betrieb belassen werden oder in bestimmten Fonds angelegt werden. Die Auszahlung erfolgt unabhängig vom Grund der Beendigung. Auch ein untreuer Arbeitnehmer, der fristlos entlassen wurde, hat Anspruch auf diese Abfindung (Trattamento di fine rapporto = TFR).
Zudem sehen einige Kollektivverträge Abfindungszahlungen vor, insbesondere bei leitenden Angestellten. Diese werden als Entschädigung für eine nicht gerechtfertigte Kündigung gezahlt und können je nach Betriebsdauer und Alter des Arbeitnehmers auch über zwei Jahresgehälter betragen.
Weitere Ansprüche
Im italienischen Arbeitsrecht sind immaterielle Schadensersatzansprüche (Schmerzensgeld) einfacher durchzusetzen als im Deutschen. So wird dem Arbeitnehmer, der nicht vertragsgerecht beschäftigt wurde und Tätigkeiten verrichten musste, die seiner Ausbildung nicht entsprechen, ein solches Schmerzensgeld in der Regel zugesprochen. Auch in der Höhe sind die Schmerzensgeldzahlungen größer als in Deutschland und können sechsstellige Beträge erreichen.
Kündigungsschutzklage
Der Arbeitnehmer kann eine Kündigung anfechten und das Arbeitsgericht anrufen. Die Fristen hierfür betragen 60 Tage, um die Kündigung gegenüber dem Arbeitgeber anzufechten, und 180 Tage, um Klage bei Gericht einzureichen.
Aufhebungsverträge
Auch in Italien sind Aufhebungsverträge, die in der Regel eine Abfindung vorsehen, ein geeignetes Mittel zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Allerdings ist auch hier darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer in einem Gewerkschaftshaus unterzeichnet, ansonsten kann er später seine Zustimmung und damit die ganze Vereinbarung anfechten.