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Deutsch werden mit Handschlag

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Deutsch werden mit Handschlag

Es ist nicht einfach, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen. Der Einbürgerungstest enthält Fragen, die über 90 % der Deutschen nicht beantworten könnten („Wo hat Hoffmann von Fallersleben das Deutschlandlied geschrieben?“). Respekt daher für alle, die die Prüfung bestehen.

Diesen Respekt hat leider ein libanesischer Radiologe, der in Deutschland Medizin studiert, seine Fachausbildung abgeleistet hat und seit über 20 Jahren in Deutschland lebt, völlig verwirkt. Er hatte die Prüfung bestanden und alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt und fand sich im Landratsamt bei der kleinen Zeremonie ein, bei der feierlich die Urkunde übergeben wird. Schlusspunkt der Feier und damit der Einbürgerung ist ein beglückwünschendes Händeschütteln des Einbürgerungsbeamten und die gleichzeitige Überreichung der Urkunde.

Für den Arzt überraschend kann kein Beamter, sondern eine Beamtin auf ihn zu. Aus angeblich religiösen Gründen verweigerte er den Handschlag; die Frau habe – so wird er später im Verwaltungsverfahren vortragen – ein anderes Geschlecht und damit per se eine dem Mann drohende Gefahr sexueller Versuchung, bzw. unmoralischen Handelns, der er nicht unterliegen möchte.

Der Beamtin ist stellvertretend für alle normal denkenden Menschen die Füße dafür zu küssen, dass sie geistesgegenwärtig die Urkunde zurückgezogen hat. Das Verfahren für die Einbürgerung wurde dadurch nicht abgeschlossen.

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim musste sich dann mit der Klage auf Einbürgerung des Radiologen beschäftigen und hat mit Urteil vom 20. 8. 2020 (12 S 629/19) u.a. sehr ausführlich zum Handschlag in der deutschen Gesellschaft als „nonverbale Begrüßungs-/Abschiedsritual“ ausgeführt – aber natürlich auch zum herabwürdigenden Rollenbild der Frau in der Gesinnung des Antragstellers – und die Klage abgewiesen.

Da kann man nur den Richtern gratulieren und denken „hui, das war knapp“.