Das oberste griechische Gericht, der Areopag, verurteilte die Bundesrepublik in einer Klage von zivilen Opfern der nationalsozialistischen Besetzung auf Entschädigung zu einer Zahlung. Die Bundesrepublik wandte zuvor den völkerrechtlichen Grundsatz der Staatenimmunität ein. Der Staat ist danach gegenüber dem anderen Staat verantwortlich, aber nicht gegenüber dem privaten Bürger.
Das einzige Land der EU, das die griechische Entscheidung anerkannte, war Italien; so war es den griechischen Klägern gelungen, in deutsches Eigentum in Italien (u.a.Villa Vigoni am Comer See!) zu vollstrecken. Die Bundesrepublik klagte hiergegen vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag (IGH), der sich mit Entscheidung vom 3.2.2012 der Auffassung der Bundesrepublik anschloss. Die Vollstreckung wurde eingestellt.
Viele italienische Gerichte zeigten sich aber in der Folgezeit unbeeindruckt von der Entscheidung des IGH aus dem Jahr 2012 – obwohl die italienische Regierung angekündigt hatte die Entscheidung zu respektieren – und gaben weiterhin Klagen italienischer Opfer des Naziregimes gegen die Bundesrepublik statt. Es wird argumentiert, dass die Wiedergutmachung von schwersten Menschenrechtsverletzungen, die die SS außerhalb von Kriegshandlungen begangen hat, selbst dem Völkerrecht vorgeht.
Die Bundesrepublik hat jetzt im Mai 2022 die Italienische Republik erneut vor dem IGH verklagt, um der Praxis der italienischen Gerichte ein endgültiges Ende zu setzen.
Die Redaktion des Mandantenbriefs hat – insbesondere im Völkerrecht – keinen unbeschränkten juristischen Horizont. Wir fragen uns dennoch, warum nicht eine Entscheidung des IGH (die auch durchaus falsch sein kann) für die Befriedigung der Parteien ausreicht, welche neuen Tatsachen zur Entscheidung anstehen sollen und wie eine Entscheidung des IGH einen italienischen Richter binden soll. Sollte dieser Artikel gelesen werden, zudem von einem Fachmann, wären wir für eine klärende Zuschrift dankbar.