Die Frage der Immunität zugunsten des deutschen Staates für die Naziverbrechen während der Besetzung Italiens von 1943-45 schien vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag 2012 im Sinne Deutschlands entschieden zu sein. Dennoch hat das Landgericht Bologna mit Urteil vom 20.06.2022 die Bundesrepublik zum Schadensersatz zugunsten der Hinterbliebenen der 800 Opfer von Marzabotto, wo die Waffen-SS zwischen dem 9. September und dem 5. Oktober 1944 fast die gesamte Zivilbevölkerung ermordete, verurteilt.
Es ist nicht damit zu rechnen, dass das Urteil rechtskräftig wird, da spätestens der Kassationshof die Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs beachten wird. Dieses stuft die Verbrechen der Waffen- SS als Kriegsverbrechen ein; die gegenteilige Auffassung, die unter anderem von der Richterin in Bologna vertreten wird, sieht hingegen die systematische Vernichtung der zivilen Bevölkerung als Ausdruck einer politischen Absicht des NS-Staates an, die eben nicht in Verbindung mit Kriegszielen oder -mittel stünde.