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Wichtige Fragen des deutschen Arbeitsrechts in Zeiten von COVID-19

Arbeitsrecht

Wichtige Fragen des deutschen Arbeitsrechts in Zeiten von COVID-19

Das Coronavirus lähmt derzeit Deutschland und immer mehr Unternehmen sind davon wirtschaftlich betroffen.

Information und die richtige Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern sind unerlässlich, um Unsicherheiten zu vermeiden.

Was muss der Arbeitgeber in der aktuellen Situation tun?

Solange im Unternehmen keine Verdachtsfälle bestehen und keine Infektionen nachgewiesen sind, bleibt es bei der allgemeinen arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Er muss geeignete Maßnahmen treffen, um die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu schützen.

Aktuell kommen daher folgende Maßnahmen in Betracht:

  • Aufforderung zum regelmäßigen Händewaschen
  • Hinweise zum richtigen Händewaschen
  • Verteilen von Desinfektionsmitteln
  • Verbot des Händeschüttelns
  • Empfehlung zum Husten oder Nießen in ein Taschentuch oder in die Armbeuge sowie
  • ggf. das Tragen von Mund- bzw. Atemschutzmasken.

Was passiert, wenn die Behörde einen Arbeitnehmer in Quarantäne schickt?

Wird ein Arbeitnehmer durch eine Behörde in Quarantäne beordert oder wird ihm ein behördliches Tätigkeitsverbot auferlegt, gibt es grundsätzlich einen Erstattungsanspruch des Arbeitgebers nach dem Infektionsschutzgesetz gegen die anordnende Behörde. Von der Rechtsprechung wird allerdings vertreten, dass der Arbeitgeber in diesen Fällen ohnehin nach §616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet und der Erstattungsanspruch deswegen ausgeschlossen sei. In diesem Fall müsste der Arbeitgeber die Gehaltszahlungen leisten und hätte keinen Erstattungsanspruch.

Es kommt daher auf den Einzelfall und vor allem die Dauer der Quarantänemaßnahme an.

Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber kurzfristig eine möglichst unbürokratische Hilfe für Unternehmen zur Verfügung stellt. Auf Grund der aktuellen Rechtslage kann man aber jedenfalls nicht davon ausgehen, dass Erstattungsansprüche einfach "durchgewunken" werden.

Da Erstattungsansprüche auch bestimmten Fristen unterliegen, sollte man frühzeitig mit den Behörden in Kontakt treten und Beratung in Anspruch nehmen!

Was passiert, wenn der Betriebsablauf zusammenbricht?

Nimmt die Zahl der Verdachts- oder Ansteckungsfälle im Unternehmen zu und kann der betriebliche Ablauf nicht mehr aufrechterhalten werden oder ordnet die Behörde die Betriebsstilllegung an, stellt sich die Frage der Vergütung der Mitarbeiter. Da die Aufrechterhaltung des betrieblichen Ablaufs das sogenannte Betriebsrisiko des Arbeitgebers darstellt, erhalten die Arbeitnehmer im Fall der Betriebsschließung ihre Vergütung unverändert fort. Zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden sollte daher auch rechtzeitig über die Anordnung von Kurzarbeit nachgedacht werden. Vorher sollte auch geprüft werden, ob Überstundenabbau oder die Gewährung von Urlaub für Zeiten der Krise möglich ist.

Hilft daher Kurzarbeit durch die Corona-Krise?

Viele Unternehmen und ihre Mitarbeiter spüren die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihre Geschäfte und Arbeitsmöglichkeiten täglich stärker. Die Bundesregierung hat deshalb frühzeitig die Weichen gestellt, um es Unternehmen einfacher zu machen, Kurzarbeitergeld in Anspruch zu nehmen. Tatsächlich kann sich die Einführung von Kurzarbeit anbieten, um Unternehmen durch die Krisenzeit zu helfen.

Die Bundesagentur für Arbeit hat in ihrer Pressemitteilung vom 28.02.2020 ausdrücklich klargestellt, dass wegen Arbeitsausfällen durch das Coronavirus bzw. damit verbundener staatlicher Schutzmaßnahmen Kurzarbeit über Kurzarbeitergeld gefördert werden kann (https://www.arbeitsagentur.de/news/kurzarbeit-wegen-corona-virus).

Was ist unter Kurzarbeit zu verstehen?

Kurzarbeit bedeutet, dass wegen eines erheblichen Arbeitsausfalls die Arbeitszeit und in der Konsequenz das Arbeitsentgelt vorübergehend reduziert werden. Gleichsam bedeutend für Unternehmen und Mitarbeiter ist dabei, dass der Verdienstausfall zum Teil in Form von „Kurzarbeitergeld“ von der Arbeitsagentur ausgeglichen wird.

Bei welchen Corona-Folgen kann Kurzarbeitergeld gewährt werden?

Im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gibt es derzeit zwei Tatbestände, bei denen Unternehmen bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Kurzarbeitergeld bei der Arbeitsagentur beantragen können:

  • wenn der Arbeitsanfall epidemiebedingt erheblich sinkt, weil z.B. Lieferketten oder Absatzmöglichkeiten zusammenbrechen oder
  • wenn Arbeitnehmer wegen behördlicher Anordnung nicht arbeiten dürfen.

Der Fall, dass der Arbeitgeber Mitarbeiter vorbeugend zur Vermeidung von Ansteckungsgefahren in häusliche Quarantäne verbannt, dürfte hingegen jedenfalls nach der bisherigen Auslegung durch die Arbeitsagenturen nicht erfasst sein.

Wie viele Mitarbeiter müssen wie stark betroffen sein?

Kurzarbeit kann für alle oder auch nur für einen Teil der Mitarbeiter eingeführt werden. Auch der Umfang der Arbeitszeitreduzierung kann je nach Mitarbeiter unterschiedlich hoch ausfallen. Selbst eine Reduzierung der Arbeitszeit auf null ist möglich. Kurzarbeitergeld kann aktuell aber nur bezogen werden, wenn mindestens ein Drittel der Arbeitnehmer des Betriebs oder einer Betriebsabteilung Entgeltausfälle von jeweils mehr als 10 Prozent erleiden. Nach den Plänen der Bundesregierung soll es künftig reichen, wenn statt eines Drittels der Mitarbeiter mindestens 10 Prozent von Kurzarbeit betroffen sind.

Welche weiteren Voraussetzungen hat das Kurzarbeitergeld?

Der z. B. auf der Corona-Pandemie und ihren wirtschaftlichen Folgen beruhende Arbeitsfall muss vorübergehend und darf nicht vermeidbar sein. Das setzt voraus, dass vorrangig mindestens die aus dem Vorjahr übertragenen Urlaubsguthaben abgebaut werden müssen. Im Betrieb zulässige Arbeitszeitschwankungen müssen vollständig vorrangig eingesetzt werden. Bei Arbeitszeitkonten kann das bedeuten, dass nicht nur Guthaben abgebaut, sondern Negativsalden aufgebaut werden müssen, bevor Kurzarbeitergeld beansprucht werden kann. Im Zuge der von der Bundesregierung geplanten Gesetzesänderungen ist allerdings vorgesehen, dass auf den Aufbau von Negativsalden ganz oder teilweise verzichtet werden kann. Weiter sind noch einige betriebliche und persönliche Voraussetzungen, wie z. B. der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zu beachten. Schließlich muss der Arbeitsausfall vom Arbeitgeber ordnungsgemäß gegenüber der Arbeitsagentur angezeigt werden.

Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld und wie lange wird es gezahlt?

Je nach Unterhaltspflichten beträgt das Kurzarbeitergeld 60 oder 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz. Die maximale Bezugsdauer beträgt derzeit zwölf Monate. Sie kann vom Bundesarbeitsministerium durch Rechtsverordnung auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

Welche Kosten verbleiben für den Arbeitgeber?

Soweit die Arbeitszeit nicht auf null reduziert wird, zahlt der Arbeitgeber für den verbleibenden Arbeitszeitsockel weiter das Entgelt nebst der darauf entfallenden Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung.

Zusätzlich werden Sozialversicherungsbeiträge auf - untechnisch formuliert - 80 Prozent des infolge der Kurzarbeit entfallenden Entgelts fällig. Diese muss der Arbeitgeber nach bisheriger Rechtslage vollständig alleine tragen. Hier ist jedoch Abhilfe in Sicht: Die Bundesregierung plant, für diesen Teil der Sozialversicherungsbeiträge Erstattungsmöglichkeiten einzuführen.

Je nach Rechtsgrundlage der Kurzarbeit kann der Arbeitgeber schließlich noch zu Aufstockungszahlungen auf das Kurzarbeitergeld verpflichtet sein.

Wie wird Kurzarbeit eingeführt?

Arbeitgeber können Kurzarbeit nicht eigenmächtig einführen. Vielmehr bedarf es dazu einer Grundlage in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, im Arbeitsvertrag oder einer Zusatzvereinbarung zum Vertrag. Die Einführung ist gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Kurzarbeitergeld muss vom Arbeitgeber bei der örtlichen Arbeitsagentur beantragt werden.

Welche Gesetzesänderungen sind ab wann geplant?

Das am 10. März 2020 von der Bundesregierung als Entwurf beschlossene "Arbeit-von-morgen-Gesetzes" soll u.a. den Erlass einer Rechtsverordnung zur Absenkung der Voraussetzungen des Bezugs von Kurzarbeitergeld ermöglichen.

Siehe hierzu den folgenden Link:

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-arbeit-von-morgen-gesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Vorgesehen sind insbesondere folgende Maßnahmen:

  • Senkung der Mindestschwelle der von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer von 1/3 auf 10 Prozent eines Betriebs oder einer Betriebsabteilung
  • Wegfall der Pflicht zum vorrangigen Einsatz negativer Arbeitszeitsalden
  • Erstattung der bislang vom Arbeitgeber allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge durch die Agentur für Arbeit.

Das Gesetzgebungsverfahren soll so zügig durchgeführt werden, dass die Neuregelungen bereits in der ersten Aprilhälfte in Kraft treten können. Die Ausnahmeregelungen sind bis zum 31. Dezember 2021 befristet. Darüber hinaus soll bis zum 31. Juli 2023 die Möglichkeit bestehen bleiben, bei Nutzung von Kurzarbeitszeiten für Weiterbildungsmaßnahmen 50 Prozent der vom Arbeitgeber allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge erstattet zu erhalten.

Bei weiteren Fragen können wir Sie gerne beraten und unterstützen.