Mit der neuen EU-Verordnung Nr. 2020/1783 vom 25.11.2020 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen wird nun dem ersuchenden Gericht die Möglichkeit eröffnet, entweder a) die Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht durchführen zu lassen oder b) die Beweisaufnahme selbst durchzuführen.
In dem Bewusstsein, dass die frühere Verordnung an die dringenden Erfordernisse der Vereinfachung, Schnelligkeit, Klarheit und Sicherheit angepasst werden muss, wird in den Erwägungsgründen der neuen Verordnung auf den Anpassungsbedarf der früheren Regelung hingewiesen. Die EU reagiert damit auf die Notwendigkeit, den effektiven Zugang zur Justiz zu gewährleisten, indem sie neue Technologien auf verschiedenen Ebenen in den Prozess integriert und eine effektive Zusammenarbeit in einem der sensibelsten Teile des Prozesses, der mündlichen Beweisaufnahme, fördert.
Vereinfachung und Schnelligkeit sollen folglich in erster Linie mittels standardisierter Formulare und dem Austausch von Dokumenten zwischen den beteiligten Behörden durch den Einsatz sicherer und zuverlässiger dezentraler IT-Systeme, einschließlich miteinander verbundener und technisch interoperabler nationaler IT-Systeme, gewährleistet werden. Klarheit und Sicherheit sollten dadurch erzeugt werden, dass jeder Mitgliedsstaat eine zentrale Stelle einrichtet, die für die Bearbeitung des Antrags zuständig ist.
Der Anhang der Verordnung enthält die verschiedenen standardisierten Formulare. Damit kann das angerufene Gericht nun beschließen, Zeugen, Parteien bzw. Sachverständige, die sich in einem anderen Mitgliedsstaat aufhalten, direkt per Videokonferenz bzw. mit anderen Mitteln der Fernkommunikation anzuhören.
Die Verordnung tritt am 01. Juli 2022 in Kraft. Werden die EU und die einzelnen MS technisch und kulturell in der Lage sein, die neue Regelung effizient zu übernehmen? To be continued…