Ein italienisches Unternehmen war Eigentümer eines in Italien belegenen Schlosses. Der Geschäftszweck des Unternehmens war die Verwaltung dieses Eigentums. Die Gesellschaft verlegte ihren Sitz von Italien nach Luxemburg und wurde folglich in eine luxemburgische Gesellschaft umgewandelt und neu gegründet, während diese das Schloss in Italien weiter verwaltete. Die Gesellschaft übertrug das Eigentum an dem Schloss auf Dritte, erhob jedoch im Nachgang Klage und beantragte die Feststellung der Nichtigkeit der Eigentumsübertragung an dem Schloss, da diese nach italienischem Recht wegen angeblich mangelnder organschaftlicher Vertretung rechtswidrig gewesen sei. Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen. Das Berufungsgericht gab der Klage statt und verwies auf die Anwendung italienischen Rechts auf Gesellschaften, die zwar ihren Sitz in einem anderen Staat haben, ihren Hauptgeschäftszweck aber in Italien verwirklichen. Das treffe auf das streitgegenständliche Unternehmen zu, weil der Hauptgeschäftszweck in der Verwaltung des in Italien belegenen Schlosses liege. Der italienische Kassationsgerichtshof legte den Fall schließlich wegen Zweifeln an der Vereinbarkeit dieser nationalen Regelung mit der Niederlassungsfreiheit dem EuGH vor.
Der EuGH traf seine Entscheidung unter Berücksichtigung der Art. 49 AEUV in Verbindung mit Art. 54 AEUV, welche die Niederlassungsfreiheit auf Gesellschaften erweitern, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet wurden und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Europäischen Union haben. Dies traf im vorliegenden Fall zu. Das Unternehmen wurde als luxemburgische Gesellschaft gegründet, hatte seinen Sitz in Luxemburg und übte den Großteil seiner Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat, nämlich Italien, aus.
Nach Auffassung des EuGH sind alle Maßnahmen, die die Ausübung der Niederlassungsfreiheit verhindern, behindern oder weniger attraktiv machen, als Beschränkungen dieser Freiheit im Sinne von Art. 49 AEUV anzusehen. Das ist dann der Fall, wenn sich eine Gesellschaft zweier Rechtsordnungen unterwerfen müsste, weil einerseits wegen der Niederlassungsfreiheit das Recht eines Mitgliedsstaates anwendbar wäre (hier luxemburgisches Recht) und andererseits eine zusätzliche Jurisdiktion, weil der entsprechende andere Mitgliedsstaat dies aufgrund von nationalem Recht anordnet (hier italienisches Recht). Eine solche kumulative Rechtsanwendung kann zwar gerechtfertigt sein. Der Gerichtshof war aber von den Einwänden der italienischen Regierung, die das italienischen Recht zum Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern ins Feld führte, nicht überzeugt, weil die streitgegenständliche Regel aufgrund ihrer Pauschalität nicht geeignet war, den vorgetragenen Schutz zu erreichen. Insbesondre bestünde die Möglichkeit, dass auch das Recht des anderen Mitgliedstaates den entsprechenden Schutz gewährleistet.
Auch der Einwand der italienischen Regierung zur Verhinderung von Steuerhinterziehung überzeugte den Gerichtshof nicht. Nach seiner ständigen Rechtsprechung kann allein der Umstand, dass eine Gesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat den Hauptteil ihrer Tätigkeiten in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, nicht die allgemeine Vermutung der Steuerhinterziehung begründen. Gerechtfertigt ist die Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit überzeugenderweise nur dann, wenn die Niederlassung rein künstlich und nur zum Zweck der Steuerentziehung erfolgt. Wenn eine nach italienischem Recht gegründete Gesellschaft sich in einem anderen Mitgliedsstaat niederlässt (und auch neu gründet) und weiterhin hauptsächlich in Italien tätig ist, ist das nach Ansicht des Gerichts nicht per se missbräuchlich. Sofern die streitgegenständliche Regelung in Italien nur besteht, weil sie davon ausgeht, dass dieses Verhalten missbräuchlich ist, wäre sie im Übrigen unverhältnismäßig.