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Örtliche Zuständigkeit bei grenzüberschreitender Klage gegen inländische Streitgenossen

Örtliche Zuständigkeit bei grenzüberschreitender Klage gegen inländische Streitgenossen

-OLG Frankfurt am Main zum Gerichtsstand des Sachzusammenhangs gemäß Art. 8 EuGVVO bei inländischen Streitgenossen-

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 05.04.2024 (Az.: 13 UH 10/23) zu der in Deutschland umstritten Frage Stellung genommen, ob die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bei einer grenzüberschreitenden Klage gegen Streitgenossen, die beide ihren Sitz im gleichen Mitgliedstaat haben, nach unionsrechtlichen Vorschriften oder nach nationalem Recht bestimmt wird.

Art. 8 EuGVVO sieht einen besonderen Gerichtsstand für Streitgenossen vor, d.h. ein Streitgenosse kann vor dem Gericht des Sitzes oder Wohnsitzes des anderen Streitgenossen verklagt werden, auch wenn er dort keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, wenn zwischen den Klagen eine so enge Beziehung besteht, dass ein gemeinsames Verfahren geboten erscheint. In der deutschen Rechtslehre ist die Reichweite des Art. 8 EuGVVO streitig: Teilweise wird vertreten, dass diese Vorschrift nur für beklagte Streitgenossen gilt, die nicht im Gerichtsstaat wohnen bzw. ihren Sitz haben, so dass bei Klagen gegen mehrere inländische Streitgenossen ohne gemeinsamen Gerichtsstand die örtliche Zuständigkeit ausschließlich nach der deutschen ZPO zu bestimmen ist. Anders hat es das OLG Frankfurt am Main gesehen: Nach dem Wortlaut der Vorschrift seien auch Fälle erfasst, in denen die beklagten Parteien ihren Wohnsitz im gleichen Mitgliedstaat haben, sie aber von einem ausländischen Kläger verklagt werden. Es bliebe dann dem Kläger vorbehalten, welchen „Ankerbeklagten“ er sich aussuche: durch seine Wahl lege er sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit für seine Klage gegen die anderen Beteiligten fest.

So lag der Fall auch hier: Wir hatten für unsere italienische Mandantin gegen zwei deutsche Streitgenossen mit Sitz in unterschiedlichen Gerichtsbezirken Klage am allgemeinen Gerichtsstand eines der beiden Beklagten erhoben und uns auf Art. 8 EuGVVO gestützt. Der „gerichtsbezirksfremde“ Streitgenosse hatte die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Das OLG Frankfurt am Main aber bestätigte die Anwendbarkeit des Art. 8 EuGVVO auf unseren Fall, so dass das Verfahren am angerufenen Gericht weitergeführt werden konnte.

Was nicht bedeutet, dass bei der Anwendung nationalen Verfahrensrechts ein anderes Ergebnis erzielt worden wäre: da die Beklagten Streitgenossen gemäß § 60 ZPO waren, hätte die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für die Klage gegen den „gerichtsbezirksfremden“ Streitgenossen von dem OLG Frankfurt gemäß § 36 ZPO bestimmt werden müssen.

Dieser zusätzliche Verfahrensschritt dürfte ausländischen Klägern nunmehr erspart bleiben, wenn und soweit die Instanzengerichte die Rechtsauffassung des OLG Frankfurt kennen - und teilen.