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Internationales Vertriebsrecht: Neue Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung

Vertriebsrecht

Internationales Vertriebsrecht: Neue Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung

Am 01. Juni 2022 ist die neue Fassung der Vertikal-GVO Nr. 720/2022 (VBER) vom 10.05.2022 in Kraft getreten. Die Europäische Kommission hat ebenfalls die neue Fassung der Vertikal-Leitlinien veröffentlicht. 

Die revidierte Verordnung hat die grundlegende Systematik der alten Fassung übernommen, jedoch wichtige Neuigkeiten eingeführt.

Die Verordnung findet weiterhin Anwendung auf vertikale Vereinbarungen, soweit die Marktanteile der beteiligten Unternehmen auf den relevanten Märkten jeweils nicht mehr als 30% betragen.

Eine der relevanten Änderungen betrifft den Online-Handel. Zwar gilt weiterhin der Grundsatz, dass ein allgemeines Online-Verbot zulasten des Abnehmers als Kernbeschränkung nicht freistellungsfähig ist, jedoch werden Beschränkung der Nutzung eines bestimmten Online-Vertriebskanals wie Online-Marktplätze, sowie die Festlegung von Qualitätsstandards für den Online-Verkauf, auch unabhängig von der Art des Vertriebssystems, ausdrücklich freigestellt. Ferner werden differenzierte Preissysteme für Online- und Offline-Handel nun nicht mehr als Kernbeschränkung betrachtet.

Hinsichtlich der Kunden- und Gebietsbeschränkungen wurde die Systematik der alten Verordnung beibehalten, es wurden jedoch Änderungen eingeführt, die mehr Spielraum für die Gestaltung des Vertriebssystems erlauben. So ist z.B. nun ein geteilter Alleinvertrieb möglich und die vertragliche Verpflichtung des Abnehmers zur Weitergabe der Kunden- und Gebietsbeschränkungen an deren Kunden zulässig. Das bisher nur in den Leitlinien behandelte Thema der Abgrenzung zwischen Aktiv- und Passivvertrieb wird unmittelbar in der neuen Verordnung normiert.

Weitere Änderungen haben den dualen Vertrieb (d.h. wenn der Anbieter seine Produkte teilweise direkt und teilweise über Händler vertreibt) und die Preisparitätsklauseln betroffen.

Die Kommission hat ferner in den Leitlinien klargestellt, dass Online-Plattformen nicht als Handelsvertreter zum Zwecke der Verordnung gelten und somit nicht dem Handelsvertreterprivileg (für den „echten“ Handelsvertreter) unterfallen.