In einem deutsch-italienischen Rechtsstreit hat der Kassationsgerichtshof in seinem Beschluss Nr. 8937/2024 bestätigt, dass ein unwidersprochener Zahlungsbefehl (decreto ingiuntivo) nicht nur für den geltend gemachten Anspruch, sondern auch für den zugrunde liegenden Rechtsgrund in Rechtskraft erwächst.
In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein deutsches Unternehmen Schadensersatz für die Lieferung von mangelhaftem Fleisch durch ein italienisches Unternehmen gefordert. Das italienische Unternehmen hatte zuvor einen Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls zur Durchsetzung der Zahlungsansprüche aus der gelieferten Ware gestellt und dem vom Gericht erlassenen Zahlungsbefehl wurde nicht widersprochen.
In erster Instanz hatte das Gericht von Reggio Emilia das italienische Unternehmen zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, eine Entscheidung, die vom Berufungsgericht von Bologna bestätigt wurde, das nicht der Ansicht war, dass sich die sich aus dem unwidersprochenen Zahlungsbefehl ergebende Rechtskraft auf die Schadensersatzansprüche des deutschen Unternehmens erstrecke.
Der Kassationsgerichtshof, der mit der Angelegenheit befasst wurde, gab der Revision mit der Begründung statt, dass die Rechtskraft des nicht widersprochenen Zahlungsbefehls einer weiteren Prüfung der nicht abgeleiteten, aber logisch unterstellten Fragen entgegensteht. Nach Ansicht des Kassationsgerichtshofs schließt die Rechtskraft des nicht widersprochenen Zahlungsbefehls, mit der das deutsche Unternehmen zur Zahlung des Warenpreises verurteilt wurde, eine erneute Prüfung aller möglichen Fragen (einschließlich der Einrede der Nichterfüllung aufgrund von Mängeln der verkauften Waren) aus, die zwar nicht erhoben wurden, aber wesentliche und notwendige logische Vorfragen der rechtskräftig gewordenen Entscheidung darstellen. Der unwidersprochene Zahlungsbefehl hat daher implizit die vertragskonforme Leistung des Verkäufers und das Fehlen von Mängeln an der Ware festgestellt.
Diese Entscheidung wird deutsche Juristen überraschen, da die materielle Rechtskraft nach der deutschen ZPO den erhobenen Anspruch umfasst, jedoch nicht die zugrunde liegenden Rechtsgründe und etwaige Vorfragen (außer es wird im Wege einer Zwischenfeststellungsklage geklärt).