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Handelsvertreterrecht: Vertragliche Abweichung von Provisionsanspruch eines Handelsvertreters für Folgeverträge zulässig

Vertriebsrecht

Handelsvertreterrecht: Vertragliche Abweichung von Provisionsanspruch eines Handelsvertreters für Folgeverträge zulässig

Der EuGH hat mit Urteil vom 13. Oktober 2022 (C-64/21) entschieden, dass eine vertragliche Regelung, wonach der Provisionsanspruch eines Handelsvertreters für ein Geschäft, das während des Vertragsverhältnisses mit einem Kunden abgeschlossen wurde, den der Handelsvertreter bereits vorher für Geschäfte gleicher Art als Kunden geworben hatte, ausgeschlossen wird, nicht gegen die Handelsvertreterrichtlinie 86/653/EWG verstößt und somit zulässig ist. Der vertragliche Ausschluss von Folgeprovisionen kann somit wirksam vereinbart werden, wobei der Ausschluss nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend erfolgen kann.

Nach der Entscheidung des EuGHs besteht nun Klarheit darüber, dass die Provisionsregelung für Folgeverträge nicht zwingend ist (in Deutschland gemäß § 87 Abs. 1 HGB und in Italien gemäß Art. 1748 Abs. 2 des italienischen Zivilgesetzbuches) und von den Parteien abbedungen werden kann. Die Parteien sind auf eine faire Vertragsgestaltung angewiesen, um eine dauerhafte und erfolgreiche Vertragsbeziehung zu gewährleisten. Motivierte Handelsvertreter sind die in der Regel erfolgreiche Vermittler.  

Der Ausschluss von Folgeprovisionen dürfte sich auch auf einen möglichen Ausgleichanspruch des Handelsvertreters hinsichtlich der Billigkeitserwägung auswirken, da dem Handelsvertreter aus den Folgegeschäften keine Provisionsverluste entstehen. Die Entstehung des Ausgleichsanspruches sollte jedoch nicht deswegen bereits ausgeschlossen sein, da der Provisionsverlust des Handelsvertreters keine selbständige Anspruchsvoraussetzung mehr darstellt, sondern lediglich im Rahmen der Billigkeitserwägung bewertet wird.